Meine neue traumhafte Aufgabe …
Es ist der frühe Morgen eines Donnerstags und Jessica, die Tanztrainerin der BNZ-Funken und -Tanzpaare, dreht sich noch einmal im Bett herum und schwelgt in ihren Gedanken …
„Oh mein Gott, das Telefon klingelt. Das kann eigentlich nur der Kommandant der Bedburger Narrenzunft sein. Ob die mich wirklich zur Tanztrainerin der Funken und Tanzpaare machen? Nee, das glaube ich nicht – aber wer soll mich sonst um genau diese Zeit anrufen. Ok, kräftig durchatmen, allen Mut zusammenfassen und den Hörer in die Hand nehmen. Kaum wahrnehmbar zittere ich ein leises „Ja bitte“ in den Hörer und vernehme an der anderen Seite eine Männerstimme – leicht kölsch derb (das kann ich ja schon mal gut leiden) aber sanftmütig. Es ist der Kommandant der BNZ. Der will mir bestimmt sagen, dass ich nicht die Trainerin bin und die Wahl auf jemand anderen fiel. Aufgrund schlagartig einsetzender Trauer in der festen Überzeugung, nicht die Auserwählte zu sein, kann ich seine Worte kaum mehr wahrnehmen und höre kurz vor dem Auflegen nur noch die Worte „dann bis nächsten Mittwoch – Tschö“. Ruhe dominiert den Raum. Wie bitte? Was hat er gesagt? Er wird doch nicht? Er hat … Ich kann es kaum glauben und in dem Moment, wo ich meine Freude aussprechen will, wird alles schwarz. Ich sacke zusammen. Als ich wieder zu mir komme, merke ich, wie mein Freund mit seinen Eltern telefoniert und ihnen die frohe Kunde übermittelt. Er hatte es wohl auf Facebook gelesen, sein Arbeitgeber hat ihm zur Feier des Tages frei gegeben und jetzt posaunt er es – stolz wie ein Auerhahn in die Umlaufbahn: „Meine Freundin ist die Tanztrainerin der Bedburger Narrenzunft.“ Mein Handy hat auch den Geist aufgegeben – so viele Nachrichten habe ich in den letzten Jahren noch nie erhalten. Alle anderen können es wohl genau so wenig glauben wie ich selbst. Tse, wer hätte das gedacht. Ich werde die Trainerin der legendären Erft-Elfen, dieser kaum zähmbaren Tanzmustangs, die durch ihre naturelle Eleganz zu begeistern wissen. Unglaublich……..Ob das beim Training gut geht? Die letzten Tage war ich bis zum Bersten gespannt und habe kaum ein Auge zugemacht. Zum Glück habe ich den Bus genommen. Ein Auto hätte ich bei der Aufregung nicht fahren können. Da scheint das Schützenheim zu sein. Ziemlich unscheinbar für eine solch hochkarätige Truppe. Ob ich wirklich reingehen soll? Nein, ich kann das nicht. Jetzt reiß dich mal zusammen, das wird schon. Aber was ist, wenn sie mich nicht mögen? Ach, ich geh` da jetzt rein. Als ich den Raum betrete, sind offenbar schon alle da. In Ihrem Übungseifer bemerken sie mich zunächst gar nicht. Ich hatte vorher schon einmal gehört, dass alle Funken und Tänzer wie die Wahnsinnigen proben und beim Tanzen äußerst fokussiert, zielorientiert und hoch konzentriert sind. Nun gut, so kann ich die Truppe erst einmal genauer betrachten – ohne direkt selber im Fokus zu stehen. Ich muss zugeben, ich habe mit nahezu allem gerechnet, aber nicht damit. Binnen weniger Sekunden haben sie es geschafft, mir mit Ihrer Eleganz und ihrem Anmut ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Diese unnachahmlichen Bewegungen, diese Flugeinlagen und diese schier grenzenlose Leichtigkeit – einfach faszinierend. Obwohl ich die Jungs und die zwei Mädels erst wenige Sekunden kenne, ist mir sofort klar, warum diese Truppe immer mit Superlativen belegt wird. Ich habe ja schon viele Funkentruppen gesehen. Da hat man manchmal den Eindruck, dass das Gewehr mehr als Krückstock dient. Hier überhaupt ganz und gar nicht. Bei den engelsgleichen, sanften Schritten wirkt das Gewehr wie ein Schmuckstück, welches sich an einen Alabasterkörper anschmiegt. Die Tanzfolgen scheinen schwebend und sind kaum zu hören. Manchmal – bei besonders schönen Schrittfolgen, raunen sie sich selber zu und nehmen sich vor Freude in den Arm. Ich merke, dass ich kurz bereue, mich nur einem Mann versprochen zu haben. Diese Körper … einfach nur schön, packend und bezaubernd. Auch die Tanzpaare sind an Perfektion nicht zu überbieten. Die Mariechen wirbeln so federleicht durch die Luft, als würde die Gravitationskraft für sie nicht gelten. Das Ganze mit einem wunderschönen Strahlen im Gesicht, welches wahrlich ansteckend ist. Die Tanzoffiziere scheinen zwar noch kein Mittel gegen die Gravitationskraft gefunden zu haben, bewegen sich aber wahrhaft maskulin und sind für jede Marie die Wunschvorstellung schlechthin. Ich kann nur sagen: Hier will ich bleiben.
Das breite Grinsen in meinem Gesicht scheint den Anwesenden nicht verborgen geblieben zu sein und mit dem letzten Takt des Tanzes – in dem nicht einmal ein klitzekleiner Fehlschritt zu sehen war – kommen alle auf mich zu und scheinen mich in aller Herzlichkeit in einer Art Willkommenskreis begrüßen zu wollen. Der größte und mächtigste – offensichtlich der Kommandant, der auch bei mir zuhause angerufen hat – steht direkt vor mir, legt seine Hand auf meine Schultern und sagt ….“
„AUFWACHEN !!! Du bist spät dran und hast offensichtlich schlecht geträumt ….“ Jessica steht kerzengerade im Bett. Sie ist total fertig und fühlt sich, als wäre eine Dampfwalze über sie gefahren. Gestern Abend war wieder Funkentraining und die Jungs haben sie echt geschafft. Das ist wirklich Schwerstarbeit, dieser undisziplinierten Truppe von Grobmotorikern etwas beizubringen. Aber man wird ja wohl mal träumen dürfen ….
Autor: Carsten Esser (Dezember 2016)