(Januar 2017)  Das Zitat aus den Vorstandssitzungen, das nun schon seit Jahrzehnten regelmäßig lebhafte Diskussionen bis hin zu Gefühlsausbrüchen der ansonsten sehr gemäßigten Vorstands-mitglieder auslöst, ist die Bemerkung unseres Ehrenzunftmeisters Manfred Martin zum Tagesordnungspunkt Kartenverkauf „ Wir sind ausverkauft!“.

Zur Erläuterung muss aber angemerkt werden, dass dies nicht nur bei der letzten Vorstandssitzung vor der Session oder gar bei der Sitzung selbst der Fall ist, sondern regelmäßig – eigentlich schon am Ende der Prunksitzung selbst – die Lagebeschreibung von Manfred Martin darstellt.

Diese Bewertung ist aber keineswegs der Ausdruck von unbegründetem Optimismus oder vielleicht sogar möglicher Fehleinschätzung der Sachlage.

Nein! Um diese Aussage richtig zu würdigen, bedarf es eines Blicks in die Geschichte. Die mit der Bedburger Geschichte Vertrauten werden sich erinnern, dass der Veranstaltungsort von karnevalistischem Treiben in Bedburg wechselvoll war. Vor dem Krieg und auch danach fanden Sitzungen im Müller‘schen Saal auf der Bahnstraße statt. Das Schloss lag Anfang der 70er noch in Trümmern und wurde teilweise durch den sog. Schlossverein saniert, wobei nur der Rittersaal mehr oder minder genutzt werden konnte. Anfang der 80er erwarb bekanntlich der Burgenkönig Herbert Hillebrand das Schloss, das dann ab 1982 auch den Rittersaal als Veranstaltungsstätte beherbergte.

In der 110-jährigen Jubelsession 1985/1986 unter der Leitung von Prinz Gerhard (Willkomm), Bauer Hans (Michels) und Jungfrau Edgarda (Ackermann) verzeichnet die Chronik erstmalig, dass die beiden Sitzungen, die noch an einem Mittwoch stattfanden, ausverkauft waren.

In diesem Jahr übernahm Manfred Martin die Aufgabe des Kartenverkaufs, wobei die Besonderheit des Verkaufs nicht in der Entgegennahme des Geldes besteht!

Die strategisch-psychologische Aufgabe besteht vielmehr darin, dass der seit dieser Zeit immerzu sehr begrenzte Platz – der Rittersaal verfügte nur über knapp 290 Plätze – so auf die Gäste verteilt werden musste, dass sowohl die Besuchergruppen als auch die Ehrengäste sowie die Gäste, die sich für unverzichtbar halten und es natürlich auch sind, so positioniert werden, dass Sicht, Luft, Beschallung, Bewirtung, Weg zur Toilette, zur Theke und zum Arkadenhof und im Bedarfsfalle auf die Bühne in einem optimalen Verhältnis zueinander stehen.

In der Zeit von Apple, Google, Microsoft und Smartphones werden für solche Aufgaben komplexe Algorithmen entwickelt.

Dies ist für die BNZ keine ernst zu nehmende Alternative. Diese Aufgabe löst Manfred Martin unter Anwendung eines ausgeklügelten Systems von zellstoffdominierten Datenträgern und verdichtetem Graphit sowie Kautschuk aus fairem Handel oder verständlicher: mit einem DIN A3 Blatt, Bleistift und einem Radiergummi. Im Zeitalter von interkontinentalen Abhör-attacken sind wir aber auf diese Weise komplett abhör- und spionagesicher!

Aber jetzt noch mal ernsthaft: Manfred Martin beherrscht es in seiner unnachahmlichen Art des kundenfreundlichen Gesprächs, all die genannten Sonderwünsche bis auf die letzte Minute vor der Sitzung so auszugleichen, dass die Beschwerderate gegen Null geht. Gleichzeitig hat er es vermocht, die durch die neuen Kapazitäten des Zeltes gestiegenen Platzangebote so an den Mann und die Frau zu bringen, dass die Botschaft „Wir sind ausverkauft“ stets zutreffend war und auch ist.

Dazu bedarf es starker Nerven und einer besonderen Begeisterung für die BNZ v. 1886, die sich im Jahre 2003 für die Verdienste mit dem Großen Orden bedankte.

Und noch eines zum Schluss: die Tätigkeitsbeschreibung wäre vollkommen unvollständig, wenn nicht auch erwähnt würde, dass der Kartenverkauf für Manfred Martin nicht auch immer eine willkommene Gelegenheit ist, Karteninteressierte – spätestens auf der Sitzung selbst – von den Vorzügen einer Mitgliedschaft in der Zunft zu überzeugen. Die Werbeerfolge von „Manes“, wie er liebevoll genannt wird, sind legendär und sicher noch lange Jahre unerreicht.

Auf diese  Weise hat übrigens auch der unterzeichnende Chronist einmal den Weg zur Zunft gefunden.

Herzlichen Dank für den Einsatz und Bebber Alaaf !

Autor Dr. Georg Kippels