Blick in die Geschichte der BNZ – So war es vor 50 Jahren – Prinz Gustav I.

für das Liederheft 2017/18 geschrieben von Dr. Georg Kippels

Zurzeit sind alle Blicke nach Berlin gerichtet, um denn nun endlich die erlösende Botschaft einer Regierungsbildung entgegennehmen zu können. Sollte zum Zeitpunkt unserer Sitzung am 3.2.2018 diese Botschaft schon erklungen sein, so können Sie trotzdem entspannt weiterlesen, weil der Artikel damit eigentlich nichts zu tun hat. Die Einleitung passt aber trotzdem ganz gut.

Karneval versteht sich als humoristische Überspitzung des Staates und des  steifen Bürgertums. Der Blick in die Geschichte zeigt aber sehr schön, dass die Interna bemerkenswerte Parallelen genau zu diesen Bereichen aufweisen, was wieder Veranlassung zum Schmunzeln gibt.

Lassen Sie uns den Blick 50 Jahre zurück richten und einige unterhaltsame Erkenntnisse gewinnen:

Thema Regierungsbildung: 1966 stand wieder eine Session mit einem Prinzen bevor – das Dreigestirn war für den Bedburger Karneval noch nicht eingeführt. Es war aber keine „normale“ Session, sondern das 80-jährige Jubiläum sollte würdig gefeiert werden. Heute erfolgt dies in der Regel so, daß eine Gruppe aus der Gesellschaft, die für das Jahr Verantwortung trägt, sich findet und die Gesellschaft diese Bewerbung prüft und absegnet.

Im Jahr 1966 tagte am 6.Januar – die Proklamation sollte am 22. Januar sein – das Wahlkomittee aus Vertretern des BNZ und der Ritter Em Ulk und es stieg dann auch weisser Rauch auf. Hektik schien damals offenbar auch ein Fremdwort gewesen zu sein. Die Zustimmung fand der allseits bekannte und anerkannte 45-jährige Gustav Heidemann aus der Bedburger Familie Heidemann, der seine Lorbeeren schon als aktiver Mitstreiter bei der BNZ, als Damenredner, als Präsident des Kegelclubs Lottebove und als Schützenkönig erworben hatte. Die Verbindung zum Haus Schwinges – heute Altstadtstuben – war sicher auch hilfreich für die Bewerbung gewesen.

Die Wahl war so bedeutend, daß von ihr in der Kölnischen Rundschau vom 7. Januar herausragend berichtet wurde.

Nun steht ja der Karneval und vor allem der der Gardegesellschaften im Ruf, eine reine Männergesellschaft zu sein, bei der die Damen allenfalls als schmückendes Beiwerk, aber auch nur im überschaubaren Rahmen, an der Darbietung teilnehmen dürften. Der Chronist erinnert sich auch noch an ellenlange Diskussionen, ob denn nun die Frauen des Dreigestirns mit auf den Wagen dürfen und welche Rolle sie während der Session spielen sollen und dürfen. Als politisch Aktiver muss ich gestehen, daß selbst in der Politik die Vertretung der Frauen jedenfalls manchmal schon besser unterwegs ist, als dies im Karneval der Fall ist.

Hier entscheidet sich die vorliegende Historie nun aber fundamental von den allgemeinen Vorurteilen und es mag auch dem ebenfalls allseits anerkennten Charme des Prinzen zuzuschreiben sein, daß dieser über einen Prinzenführer und im Übrigen über ein sog. Hofballett verfügt, daß ihn im weiteren Verlauf auch auf dem Festwagen begleitete. Die Mitglieder dieser Gruppe, die das Publikum begeisterte und den Präsidenten zu einer spontanen Zusage einer Zugabe nach der Pause nötigte – ein Umstand, der heute Präsidenten an den Rande des Nervenzusammenbruchs bringen und das Programm komplett sprengen würden – entstammten dem Kegelclub „Flotte Mädchen“, die auch in den folgenden Jahren und fast Jahrzehnten ins besonderer Weise dem Karneval verbunden geblieben sind. Das Programm war ohnehin mit lokalen Höhenpunkten gespickt und Redner wie „Wippes Förster“ oder Akteure  wie die „Kleinen Lipper“, die Gesellschaft aus dem Ortsteil Lipp mit ihrem Tanztruppe, stellten die Heimatverbundenheit der Veranstaltung sicher. Jeder kannte jeden und alle hatten eine Aufgabe.

Es dürfte in der Darstellung auch aufgefallen sein, daß der Kegelclub als Urheber maßgeblicher Beiträge, Auftritte oder Organisationsmaßnahmen nicht wegzudenken war. Leider ein Umstand, der heute fast in die Bedeutungslosigkeit verfallen ist.

 

Erinnerungswürdig ist aber einfach der Umstand, dass eine Proklamation ein alleseits wahrgenommenes und gewürdigtes Ereignis war, an dem der ganze Ort intensiv teilnahm und auch die Presse in beachtlichem Umfang die Aufmerksamkeit teilte. Die Freude ist heute sicher noch genauso groß wie damals, doch es ist nicht mehr nur das persönliche Gemeinschaftserlebnis, sondern professionelle Show, in dem die ehrenamtlich Aktiven leider nur noch die kleinere Rolle spielen.

Wir freuen uns bei der BNZ jedoch von Herzen, daß das Pflänzchen der Eigengewächse wieder mehr Blätter bekommt und das Publikum dies auch immer mir rasendem Applaus honoriert.

Der schon abgedroschene Spruch „ Früher war ja alles viel besser“ soll nicht das Fazit dieses Berichts sein, sondern die Freude daran, wie alles begonnen hat und wie sehr auch heute noch der Geist des wahren Karnevals lebt. Den Menschen Freude und Ablenkung von den Beschwernissen des Alltags zu bereiten und mit den lachenden Gesichtern und dem Applaus des Publikums reichlich entschädigt zu werden.

Darum freuen wir uns auf die 132. Session der Bedburger Narrenzunft.

Dreimol vun Hätze Bebber Allaaf

Dr. Georg Kippels

  1. Vorsitzender